Der Verbund der Pferde

Harmonie, Gleichgewicht, Übereinstimmung

HorseAiKiDo, die Essenz – Der Verbund der Pferde

Die Bedeutung des Wortes „AiKiDo“ ist in vielerlei Hinsicht interessant. Die drei Silben Ai, Ki und Do werden meist mit Liebe, Harmonie (Ai), geistige oder universelle Kraft (Ki) und Weg, Entwicklung (Do) übersetzt. Aikido könnte also „Der Weg der Harmonisierung der Kräfte“ genannt werden. Der Begriff Ki ist ein Name für die Lebensenergie wie Prana der indischen oder Qi der chinesischen Kultur. Wir verstehen Ki im Sinne einer universellen Energie, die durch die Natur und die Jahreszeiten sichtbar wird, welche durch uns fliesst und sich durch unsere Worte und Gedanken in einer Handlung im Raum ausdrückt.

Das Pferd: ein Wesen, welches durch seine Bewegung und seinen Ausdruck beflügelt.

Das Leben des einzelnen Tieres in der Herde, in der Gemeinschaft, ist die Kernessenz seines Seins. Die Kraft der Herde ist in ihrer Auswirkung dermassen intensiv, dass auch die Einwirkung des Menschen ihr diese Stärke nicht abschlagen konnte. Die Herdengemeinschaft ist ein lebendiger Kosmos an Beziehungsdynamik und der Mittelpunkt im Leben der Pferde.

Dieser Kreis mit seinen verbindenden Elementen formt auch die Charakterentfaltung und die Eigenart und Weise jedes einzelnen Pferdes. Der Herden Verband und seine in sich unterschiedlichen Familien, Gruppen und Freundschaften, geben den Pferden die Sicherheit und den Schutz, den sie brauchen.

Die Herdenbewegung kann an einen Vogel-, oder Fischschwarm erinnern und zeigt die fantastischen Ebenen der Kommunikation und wie sich diese auf jedes einzelne Mitglied auswirken. Die Herde spricht eine, jedem einzelnen Mitglied verständliche Sprache. Fließend wie Wasser bewegt sich etwas Komplexes, Gemeinsames (Ganzheitliches), was doch im Einzelnen betrachtet, für sich selbst steht.

Die dem Herdenpferd innelebende Fähigkeit, Bedürfnisse und Emotionen auf für uns fast unsichtbare Art und Weise auszusenden, bedarf beim Empfänger sensibelste Antennen, welche ihm erlauben, das Empfangene zu decodieren und sich entsprechend zu verhalten.

Die unterschiedlichen Ebenen des Empfindens von Raum, Ausdruck und Emotion sind im Pferd zutiefst verankert. Erst durch den Austausch in Stille entsteht ein Verständnis und erst dann können Vertrauen, Neugierde und Zuwendung folgen.

Die Kraft des Gemeinsamen

Diesen Ursprung zu bedenken, ihn in die heutige, moderne Pferdewelt zu integrieren und sich selbst und das eigene Handeln auch zu hinterfragen bilden den Anspruch an den verständnisvollen, kompetenten Pferdemenschen. Das sich bewusst sein der Bedeutung der Herde für das Pferd, kann dazu beitragen, vielschichtige, positive Einflüsse auf die Verbindung zum Pferd zu entwickeln. Auch das Betrachten der Haltung der Pferde bekommt hier eine neue Priorität.

Die Menschen-Herde und die Pferde-Herde haben viele Berührungspunkte. Vielleicht spürt der Mensch diese und fühlt die Verbundenheit zum Pferd, um dadurch wieder in seine Ursprünglichkeit, zur Menschlichkeit zurück zu finden, eine Orientierung zu haben in einer scheinbar unsicheren, verrückten Welt.

Das heutige Wissen in der Pferdeausbildung kommt aus vielen verschiedenen Richtungen und Epochen.

Viele Methoden beruhen auf dem Erfahrungsschatz von Menschen, die in einer anderen Zeit mit dem Pferd zusammen gelebt haben, oder entspringen einer Zeit ohne oder mit wenig technischem Einfluss.

In dieser Hinsicht unterscheidet sich die heutige Realität wesentlich von früher! Je mehr die Technik unseren Alltag bestimmt, desto grösser ist deren Einfluss auf den Menschen und seine soziale Struktur. Die Technik hat ausserdem Auswirkungen auf die Körperkoordination und die Sprache.

Wie eng Körperausdruck und Sprache mit einander verbunden sind, ist aus vielen Studien klar zu erkennen.

Gehen wir in der Zeitrechnung etwas weiter zurück, so treffen wir auf die Autoren der Antike (Xenophon…), oder auf das Wissen der Native Americans.

Die in Amerika als „Indianer Tricks“ bezeichneten Übungen finden wir heute im Horsemanship wieder. Sie konnten nur durch die spirituelle Sichtweise einer ganzheitlichen Welt und der Naturkräfte entstehen.

Das Leben dieser Menschen war von der Gemeinschaft und deren sozialen Kompetenz geprägt. Tiere, Pflanzen, Steine werden als Brüder und Schwestern bezeichnet. Die Lebensweise betrachtet die Natur und den Menschen in Einklang und nicht als voneinander getrennt.

Diese Sichtweise lässt uns auch an den Ursprung der Kampfkunst denken, entstand diese doch aus Naturbeobachtungen und hatte das Ziel inne, Gewalt und Kampf zu vermeiden. Gürtel und Wettkämpfe gewannen erst in der Transformierung der Kampfkunst zum Kampfsport an Bedeutung.

HorseAiKiDo

Weg emotionaler Kultivierung der Pferdekommunikation

Der gewaltfreie Weg im Aikido und das Umlenken von Bewegung und Energie, ist schnell mit dem Wesen Pferd verknüpft.

Die Aussagen, „aufrechter Mensch“, oder „ein unabhängiger Sitz“: Immer wird eine körperlich-geistige, innere Haltung angesprochen, welche im Alltag meist unbewusst, Aktion und Reaktion zum Ausdruck bringt. Pferde nehmen unsere innere Haltung stärker wahr, als optische Hilfsmittel. So ist es nicht das Seil oder die Hilfengebung, was für das Pferd als glaubwürdig wahrgenommen wird oder nicht, sondern das Wesen, welches mit seiner Energie am Ende dieser Handlungskette steht und eine Reaktion bewirken möchte.

Hier spielt die Lebenserfahrung von beiden Seiten eine besondere Rolle. Die Bewegungen des HorseAiKiDo in Verbindung mit dem Pferd, geben eine neue Sicht auf die vielseitige, emotional komplexe Wirklichkeit wieder. Das HorseAiKiDo unterstützt die interaktiven Kräfte, welche für eine gesunde Balance zwischen beiden notwendig ist.

Jede Auseinandersetzung findet ihren Ursprung in Blockaden des Energieflusses und Emotionen.

Aus der Sicht einer Verteidigungskunst bietet die Herangehensweise des Aikido einen Weg, mit solchen Blockaden umzugehen.

Es ist damit möglich zu lernen, mit dem Pferd und seiner Energie einen anderen Weg zu beschreiten und so eine Lebendigkeit in unserem Umgang mit Pferden zu bewahren. (Der Gesichtsausdruck des Pferdes sagt viel über eine Situation aus.)

Ein Beispiel für den Bewegungsfluss

Ein Pferd bewegt sich vor die Schulterlinie des Menschen am Boden.

Wenn wir die Bewegung dieser Linie aufnehmen und sie in einen Kreis umleiten, so dass das Pferd und der Mensch sich so lange drehen, bis beide einen Turnus vollzogen haben, können sie auf der gleichen Schulterhöhe gemeinsam wieder in eine gleich Richtung gehen. (Und das Ganze ohne Handgemenge, ohne Ziehen und Zerren und ohne lautstarken Einsatz einer ungeduldigen Stimme) Die Idee des Pferdes wird so wertungsfrei aufgenommen und weitergeführt. Zeitgleich wird die Dominierungsfalle über Bewegungslinien völlig aufgelöst und dies, ohne Konflikt und emotionale Aufgeriebenheit beidseits.

Dabei geht es hier nicht um verfügbare, wiederholbare Technik, die das Pferd in Körperliche oder Charakterliche Bereiche unterteilt, sondern um eine innere Einstellung in Bewegung und Raum. Es ist also mehr eine mental-körperliche Verfassung, welche die Blockaden gar nicht als solche versteht. Bewegung als Angebot und Freiraum, weniger als Technik des Dressierens nach festgelegten Abläufen.

Diese Herangehensweise unterscheidet sich grundsätzlich von vielen anderen Bodenarbeitssystemen für Reiter. Pferde brauchen ja auch diese Systeme nicht, da sie Bewegung leben und Bewegung sind, immer wieder neu und aus sich heraus.

Die Trainierenden im HorseAiKiDo lernen durch Nachmachen weniger durch Anleitung. Es gilt ein Setting zu gestalten, in welchem selbst erlebt werden kann, wie Wahrnehmung mit dem Pferd wirkt. Es entsteht Achtsamkeit.

Vorbereitung – das Horse Ki

Körpertraining zur Zentrierung und Dehnung der Muskulatur sowie Meditation machen den Körper des Reiters durchlässig und reinigen die Emotionen. Koordination aus der Sicht des Pferdes ist die Fähigkeit, vorhersehbare und unvorhersehbare Situationen motorisch sicher und ökonomisch zu beherrschen. Sie ist die Grundlage zum Überleben in der Natur und sichert das Überleben der Herde und der Familienverbände. Gleichzeitig geben Bewegung und Koordination die Sicherheit und das Vertrauen. Wie ist ein Zusammensein mit Pferden möglich, ohne dies zu berücksichtigen?

Im Horse Ki trainieren wir die gesamte Motorik und öffnen folgerichtig auch den Geist. Der erste Schlüssel ist körperliche und mentale Entspannung.

Das Pferd ist hier unser Trainingspartner, der uns ständig in die Lage der „rauen Wirklichkeit“ versetzt. Im HorseAiKiDo lernen wir durch und mit vielen unterschiedlichen Pferdepartnern. Das ermöglicht uns Einblicke in eine Vielzahl konkreter, echter Situationen, in welchen sich Pferd und Mensch wirklich aufeinander einlassen müssen. Die Kompetenzen Vertrauen zu schenken, jeweils den adäquaten Ton zu treffen, den passenden Abstand zu wahren und das eigene Taktgefühl weiter zu entwickeln, werden vertieft. Das gegenseitige Verständnis wird authentisch, wobei das Meistern von schwierigen Mensch-Pferd-Situationen massgeblich zur Einsicht beiträgt, wie sehr uns unser Partner auch von Innen bewegt!

Der Körper und sein Wirkungsfeld ist das, was das Pferd erlebt und spürt. Es orientiert sich an unserer seelischen und körperlichen Verfassung. Pferde sind darauf spezialisiert, Intension wahrzunehmen und eine entsprechende Reaktion abzurufen. Diese Fähigkeit sichert ihnen das Überleben in der Wildnis.

Das Pferd bringt aus dem Menschen vieles hervor. Es bewegt den Reiter nicht nur von aussen sondern eben auch innen. Was hervortritt kann sehr unterschiedlich sein. Je nach Situation begegnet der Reiter einer Vielzahl persönlicher Facetten und denen des Pferdes.

Die Zusammenhänge im Innersten zu erfassen, alle Aktionen und Reaktionen als solche zu erkennen und die Verbindung zum eigenen Innenleben und dem des Pferdes zu knüpfen sind die Ziele, auf welche mit Hilfe des HorseKi hingearbeitet werden kann.

Der Begriff der Selbstfürsorge spielt an dieser Stelle hinein

Joachim Küchenhoff versteht unter dem Begriff der Selbstfürsorge „… die Fähigkeit mit sich gut umzugehen, zu sich selbst gut zu sein, sich zu schützen und nach sich selbst zu schauen, die eigenen Bedürfnisse zu berücksichtigen, Belastungen richtig einzuschätzen, sich nicht zu überfordern oder sensibel auf Überforderungen zu bleiben“.

Um mit dem Pferd gut umgehen zu können, muss der Mensch die Selbstfürsorge kennen, berücksichtigen und nach Möglichkeit leben und umsetzen.

Sie steht nämlich im Kontext mit dem Pferd und dessen Innenleben. Sind wir uns dessen bewusst, entsteht die fruchtbare Resonanz zwischen dem Pferd und dem Menschen. Diese Resonanz führt den Menschen zur intuitiven Urteilskraft im Umgang mit seinem Pferdepartner und umgekehrt.

Das verstehen wir als Leadership im Sinne des Pferdes.

(Dieser Artikel erschien zuerst in der Ausgabe 2.07 der PASSION, dem Schweizer Reitmagazin)

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